Telnet, der erste im Internet implementierte Dienst, dient dazu, auf einem anderen (hauptsächlich Unix-) Rechner im Netz so arbeiten zu können, als sei die eigene Tastatur bzw. das eigene Terminal direkt am anderen Rechner angeschlossen. Mit Hilfe des Telnet-Dienstes kann also jeder Rechner, der am Internet angeschlossen ist, als Terminal für einen unter Umständen weit entfernt stehenden anderen Rechner dienen. Dazu ist natürlich in der Regel auf dem fremden Rechner ein Account (eine Zugangsberechtigung) nötig.
Das Telnet-Protokoll basiert auf der Idee des "Network Virtual Terminal" (NVT). Das NVT ist ein imaginäres Referenzterminal, welches die Grundfunktionalität eines breiten Spektrums von verschiedenen Terminaltypen in sich vereinigt. Beim Aufbau einer Telnet-Verbindung wird nun von beiden Partnern angenommen, daß sie von einem NVT aus operieren. Die tatsächlichen Eigenschaften der physikalischen Terminals müssen von Telnet auf das NVT abgebildet werden. Da es sehr viele verschiedene tatsächliche Terminal-Typen (z.B. VT100, VT200, IBM 3270, usw.) gibt, welche sich stark in ihren Fähigkeiten unterscheiden, hat der Telnet-Client beim Verbindungsaufbau die Möglichkeit verschiedene Optionen mit dem Server auszuhandeln (z.B. Anzahl Zeilen und Spalten), um die individuellen Möglichkeiten des tatsächlichen Terminals besser auszunutzen. (siehe Anhang K)
Diese Verhandlung läuft über die internen Kommandos DO, DON'T, WILL, WONT ab. Wegen des symmetrischen Aufbaus von Telnet sind beide Parteien gleichberechtigt und können mittels DO und DONT Anforderungen an den anderen stellen. WILL dient dagegen als Angebot und WONT als Ablehnung,wenn ein Partner mit einer Anforderung nichts anfangen kann. (Beispiel für den Aushandelvorgang: vgl. Anhang L)
Als Alternative zu Telnet sei hier noch Rlogin erwähnt. Rlogin dient dem selben Zweck wie Telnet, hat aber ein leicht abgeändertes Protokoll und erlaubt u.A. einen anderen Authentifizierungsmechanismus als die explizite Eingabe von User-ID und Passwort.
Telnet zählt zu den wenigen Protokollen, die nicht direkt in die gängigen WWW-Browser integriert sind, so daß zusätzlich ein Telnet-Client vorhanden sein muß.
Telnet-Clients existieren in zahlreichen Implementierungen für praktisch jedes Betriebssystem. Allerdings haben insbesondere Windows-Implementierungen oft Probleme mit der richtigen Emulation von weitverbreiteten Terminaltypen. Dies macht sich dann in Darstellungsfehlern im Bildschirmaufbau bemerkbar und erschwert die Bedienung oder macht sie ganz und gar unmöglich.
Bei vielen Telnet-Clients kann durch Betätigen einer bestimmten Tastenkombination (Escape-Key - bei Unix normalerweise Ctrl-], bei anderen Betriebssystemen auch andere möglich) in den Kommandomodus geschaltet werden. Dort lassen sich dann zahlreiche Optionen per Hand modifizieren, die Telnet-Client und Server untereinander ausgehandelt haben. Diese Funktion ist vor allem bei exotischen Systemen wichtig, da es vorkommen kann, daß das Ergebnis der automatischen Aushandlung unzumutbar ist und sich dann durch manuelle Veränderungen noch einige Verbesserungen erreichen lassen.
Inzwischen existiert Java-Implementierung von Telnet, welche insbesondere die Zusammenarbeit eines WWW-Browsers mit Telnet vereinfachen soll.
Eine Anwendung des Telnet-Zugangs ist, daß Wissenschaftler, deren eigener Computer nicht genügend Rechenleistung bietet, auf weit entfernt stehenden Super-Computern arbeiten können, dessen Ressourcen dadurch vielleicht besser ausgenützt werden.
Außer auf dem normalen Port 23, welcher meist zum Einloggen
in den Rechner dient, laufen auf vielen Rechnern auch noch
Telnet-Daemons auf anderen Ports.Diese zusätzlichen
Telnet-Zugänge dienen dazu weitere Informationen anzubieten,
ohne daß sich der Benutzer auf Kommandozeilenebene des fremden
Betriebssystems begeben muß, was dabei aus Sicherheitsgründen
auch nicht erwünscht ist. Auf diesem Wege werden zum Beispiel
Wetterberichte, Datenbanken, Bibliothekskataloge, textbasierte
Rollenspiele und vieles mehr angeboten.
Diese Anwendungen zeigen aber auch die Grenzen von Telnet auf:
mit Telnet ist nur das textbasierte Arbeiten möglich, grafische
Elemente können nicht übertragen werden.
Eine gewissene Erweiterung bieten höchstens Telnet-Clients, die
das vor allem im Mailbox- Bereich weit verbreitete ANSI Protokoll
implementieren und damit (eine entsprechende Gegenstelle
vorausgesetzt) zumindest eine bessere Darstellung von
Textgrafiken sowie verschiedene Farben ermöglichen.
Um den Zugriff auf Datenbanken besonders im Bibliotheks-Bereich per Telnet zu erleichtern, wurde HyTelnet entwickelt. Mit HyTelnet ist es möglich ohne die genaue Adresse und Portnummer zu kennen, über eine menüorientierte Oberfläche eine Verbindung zu einem der Datenbanksysteme, welche in der Datenbank von HyTelnet abgespeichert sind, aufzubauen.
Mit der zunehmenden Popularität des WWW wurden viele der oben genannten Dienste ins erheblich komfortablere WWW verlagert, so daß Telnet in diesem Bereich nur noch eine sehr untergeordnete Rolle spielt. In Zukunft wird die Hauptanwendung von Telnet wie zu seiner Anfangszeit das interaktive Arbeiten auf entfernt stehenden Unix-Rechnern sein. Die Bedeutung von Telnet wird sich also, inbesondere mit Blick auf die zunehmende Verdrängung von Unix-Servern durch NT Workstations weiter verringern.